Potenziale soziokultureller Zwischennutzung

2018

Nachdem Zwischennutzung in den vergangenen 30 Jahren vermehrt als Ermögli-chungsort für alternative Kulturproduktion verwendet wurde, wird sie nun als strategisches Element der Stadt- und Standortentwicklung wahrgenommen und gezielt als dieses eingesetzt. Die prekäre Arbeit von Kunst- und Kulturschaffenden wird von Seiten der Stadtplanung und der Immobilienwirtschaft verwendet, um stigmatisierte Quartiere kulturell zu beleben und dadurch aufzuwerten. Die daraus resultierende Gentrifizierung des aufgewerteten Quartiers, führt zur Verdrängung finanzschwacher Einkommensschichten und unerwünschten sozialen Konflikten, zur Anziehung finanzstarker BewohnerInnen und Unternehmen und folglich zu Mietpreiserhöhungen – ZwischennutzerInnen werden somit Opfer ihres eigenen Erfolges. Welche Potenziale soziokulturelle Zwischennutzung für freie Kulturinitia-tiven dennoch bieten kann, konnte in dieser Arbeit festgestellt werden. In Anbetracht der erschwerten Handlungsfreiheiten, durch die herrschenden Machtverhältnisse in der Raumproduktion, bieten Zwischennutzungen die Möglichkeit zur selbstbestimm-ten Aneignung von Raum, der aktiven Teilhabe am Spacing, und können Möglich-keitsort für Kritik an hegemonialen Strukturen darstellen. Als Möglichkeitsräume zur Mitwirkung und Gestaltung der Umgebung begünstigen sie die Entstehung von Mikrogemeinschaften und stabilen Netzwerken. Zwischennutzungen bieten den freien Kulturinitiativen somit nicht nur einen kostengünstigen Zugang zu Raum, sondern auch eine Umgebung für emanzipatorische Handlungsweisen und informel-le Lernprozesse, die ansonsten wenig Platz in der herkömmlichen Raumverwertung finden. Doch müssen sich ZwischennutzerInnen aus der freien Kunst- und Kultur-szene der Gefahr der Instrumentalisierung ihres Vorhabens durch Stadtverwaltung und Immobilienwirtschaft bewusst sein. Handlungsstrategien zur Vermeidung der Teilhabe am Gentrifizierungsprozess liegen in der aktiven Einbindung des Vorha-bens in lokale Strukturen, der Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes, sowie im Erkennen, Bearbeiten und Kommunizieren von soziokulturellen Bedürfnis-sen und Mängeln der Umgebung. Die Verwendung von soziokultureller Zwischen-nutzung durch freie Kulturinitiativen, zur aktiven Mitgestaltung ihrer Umwelt, kann somit einen „Raum für ein weniger entfremdetes Leben“ (Sieverts, zitiert nach Kiel, 2013, Abs. 4) schaffen.

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