In der Suche nach einer weiblichen Position im klassischen narrativen Kino (hier insbesondere in Bezug auf die Rezeption) stieß die feministische Filmtheorie auf den ‘männlichen Blick’, dem dominanten Blickregime in der kinematographischen Rezeption, der die Frau im Kino auf die Position des Objekts, des zu betrachtenden Bildes, verwies und sie als aktive Rezipientin mit eigenem Blick ausschloss. Als das ‘Andere’ wurde die Frau im vorherrschenden androzentrischen Diskurs nur über eine Negativbestimmung durch die Ausrichtung am Manne definiert und sollte somit als Bestätigung einer männlichen Identität und Schaulust, einer lustvollen Rezeptionserfahrung im Kino, herhalten. Mit der Offenlegung der passiven und machtlosen Objektposition, aus der es für die Frau innerhalb eines patriarchalen Bezugsrahmens nicht herauszutreten möglich schien, wurde in der feministischen Filmtheorie das Postulat nach einem spezifisch ‘weiblichen Blick’ in der filmischen Rezeption gestellt, der die Frau (entgegen jenen gegenwärtigen androzentrischen Konzepten) aus der Position einer Leerstelle herausholen und ihr eine eigene Identität und Schaulust im Kino gewähren sollte. Diese stellte sich als problematisches Unterfangen dar, da sich sämtliche Konzepte stets innerhalb eines patriarchalen androzentrischen Rahmens bewegten, einem Bezugssystem, das die Frau unmittelbar in ihrer Negativ-Identität festmacht. Um einen ‘weiblichen Blick’ formulieren zu können, müssten daher die Grenzen des Denkens erweitert werden und somit eine heteronormative androzentrische Konzeption, in der die Frau als Objekt der Macht dem Manne unterworfen ist, verabschiedet werden. Vor dem Hintergrund einer Verbindung der feministischen Filmtheorie mit postmodernen und poststrukturalistischen feministischen Konzepten, die eine spezifische ‘Männlichkeit’ und ‘Weiblichkeit’ zugunsten einer pluralen Konzeption der Geschlechter in Zweifel ziehen, wird der Gegenstand eines ‘weiblichen Blicks’ selbst in Frage gestellt. Mit der Auflösung der Konzepte des ‘Mannes’ und der ‘Frau’ muss infolgedessen eine Konzeption des ‘weiblichen’ und ‘männlichen Blicks’ ebenso einer radikalen Neuformulierung unterzogen werden.
AbstractThe ‘male gaze’ as a key aspect in classical narrative cinema and being assessed to be the dominant glance in cinematic reception creating scopophilic pleasure in the (male) spectator’s percipience, is accounted to be crucial in defining women as the object of the look, a passive and merely powerless position marked by the actual dominant concept of sexual hegemony in patriarchal society relegating the woman to the position of ‘the Other’ as a negative function of identity in order to stabilize the male. Feminist discourse therefore has launched the question of a specific ‘female gaze’ that is – against the dominant prevailing concepts – more than just a blank space for its own. In banding together feminist film theory and postmodern and poststructural feminism the question of the female gaze is even harder to be answered. Thus, as it is, the concepts of ‘manliness’ and ‘womanliness’ in postmodern and post-structural discourse has been tried to be dismissed in order to gain a wider and more plural concept of gender as such. Therefore – in accounting for this postmodern strategy of gender construction – the question of the female gaze has to be reformulated. For it is that in this new way of conceptualization of gender the female gaze cannot exist as such; so does not the male gaze.