Fiktion im Dokumentarfilm
Das Forschungsinteresse der vorliegenden Masterthese gruendet sich in dem Trend der deutschsprachigen TV-Landschaft, durch den sich dokumentarische Formate vermehrt Gestaltungsformen des fiktionalen Genres bedienen und sich zunehmend zu Hybridformaten aus Information und Unterhaltung entwickeln. Im Rahmen einer Literaturarbeit konzentriert sich der Verfasser Simon Fraissler auf die Frage, ob und wie fiktionale Gestaltungsmittel im Dokumentarfilm artikuliert werden muessen, um Authentizitaet zu erlangen. Das Ziel der Arbeit ist es, auf Basis der erarbeiteten Erkenntnisse, Aussagen ueber das Authentizitaetsempfinden des Dokumentarfilms „Behind the Screen – Das Leben meines Computers“ zu machen, welcher ebenfalls fiktionale Stilmittel beinhaltet.
In einem ersten Schritt werden die inhaltlichen und aesthetischen Charakteristiken sowie die geschichtlichen Entwicklungen des Dokumentarfilms untersucht, um eine Definition dieses Genres zu erlangen. Der Zweck dieses Abschnittes liegt in einer Differenzierung dokumentarischer und fiktionaler Inhalte, um „Behind the Screen – Das Leben meines Computers“ entsprechend zu kategorisieren. Dabei zeigt sich, dass auf Grund gestalterischer Umstaende eine scharfe Abgrenzung der beiden Genres kaum festzustellen ist.
Das folgende Kapitel konzentriert sich auf die Untersuchung der Problematik medialer
Wirklichkeitsdarstellungen und den damit einhergehenden Parametern filmischer Authentizitaet. Hierzu werden einerseits Modelle praesentiert, die das Authentizitaetsempfinden seitens der ZuseherInnen theoretisieren, waehrend andererseits Herangehensweisen untersucht werden, die sich innerhalb des Genres als erfolgreiche Authentizitaetsstrategien etabliert haben. Die Untersuchung zeigt, dass Authentizitaet stets von der subjektiven Rezeption der ZuseherInnen anhaengig ist und sich demnach nur Vermutungen ueber das Erlangen von Authentizitaet aufstellen lassen.
Im letzten Kapitel des Forschungsteils werden die Begriffe Fiktion, Inszenierung und Reenactment unter Anbetracht ihrer Charakteristiken und Motivationen differenziert, um sich einer Klassifizierung der nicht-dokumentarischen Sequenz von „Behind the Screen – Das Leben meines Computers“ anzunaehern. Im Gegensatz zu Reenactment und Inszenierung charakterisiert sich Fiktion durch die Notwendigkeit ihrer Erfindung und suggeriert nicht, sich auf reale Vorgaenge zu beziehen.
Die zentralen Erkenntnisse der Forschungsarbeit ergeben, dass fiktionale Gestaltungsmittel im Dokumentarfilm vermutlich als authentisch wahrgenommen werden koennen, sofern sie von RezipientInnen als nicht-dokumentarisch erkannt werden koennen.